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Gut. Besser. Passivhaus
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Stellungnahme zur GEG-Novelle

Viele Verbände und Organisationen äußern sich derzeit zur geplanten GEG-Novelle. Dabei liegt der Fokus meist auf den geplanten Änderungen bei der Heiztechnik, die von der Ampelkoalition in aller Öffentlichkeit hart diskutiert wurden. Dabei geht es im Gebäudeenergiegesetz um viel mehr als der populär gewordene Begriff „Heizungsgesetz“ vermuten lässt. Während die Mehrheit der Forderungen im Zusammenhang mit den geplanten Änderungen darauf abzielen, die Anforderungen für Immobilienbesitzer und Bauherren eher zu reduzieren, setzt sich der Bundesverband Pro Passivhaus e. V. als einer der wenigen dafür ein, das Augenmerk auf die Gebäudehülle zu legen und hier endlich höhere Anforderungen zu formulieren.

Die Stellungnahme von Pro Passivhaus e. V. im Wortlaut:

Stellungnahme des Bundesverbands Pro Passivhaue e. V. zur geplanten Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)

Heizung, Erneuerbare Energien und Optimierung der Gebäudehülle zusammendenken

Der Fokus in der Diskussion rund um das GEG liegt im Bereich der Beheizung und Energieerzeugung, während die Verbesserung des Wärmeschutzes und damit die Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden vernachlässigt wird. Dabei ist der Wärmeschutz ein entscheidender Faktor, um die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor nachhaltig zu reduzieren. Durch erhöhte Luftdichtheit, eine verbesserte Gebäudedämmung und effiziente Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung kann der Energieverbrauch erheblich gesenkt werden. Es ist wichtig, dass dieser Aspekt stärker in den Fokus rückt, um eine ganzheitliche und effektive Strategie zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors zu entwickeln.

Leider wurden die Anforderungen an die Gebäudehülle des für den Neubau als auch für die Förderung von ganzheitlichen Sanierungen ausschlaggebenden Referenzgebäudes seit 2009 nicht mehr weiterentwickelt. Auch im aktuellen Entwurf zum GEG werden weder die Dämmstandards noch die Anforderungen an die Luftdichtheit von Gebäuden an zeitgemäße Werte angepasst. Ein erheblicher Teil der gebauten Realität hat hier die Gesetzgebung schon lange überholt.

Eine Verschärfung der Anforderungen an die Gebäudehülle ist hinsichtlich der Klimaziele aber zwingend notwendig. Sinnvolle und wirtschaftliche Standards wie z. B. das Passivhaus können hier als Orientierung dienen. Der Standard basiert auf langjähriger wissenschaftlicher Forschung und praktischer Evaluation durch jahrzehntelange Umsetzung. Die Umsetzung des Passivhaus-Standards kann bereits heute erfolgen und bietet viele Vorteile. Neben der deutlichen Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen führt dies zu niedrigeren Heizkosten, einem verbesserten Wohnkomfort und einer höheren Wertsteigerung der Immobilie.

Eine kommunale Wärmeplanung ist zwar langfristig wichtig, um eine ganzheitliche Energiewende zu erreichen, aber die Umsetzung von Maßnahmen zum Wärmeschutz an der Gebäudehülle kann und sollte bereits jetzt erfolgen, um die Klimaschutzziele zu erreichen und den Energieverbrauch zu reduzieren.

Eine mäßige Gebäudehülle nach Anforderungen des GEG führt zu einem immer noch hohen Wärmeverlust. Dies führt zu einem erhöhten Energieverbrauch und höheren Heizkosten. Eine effiziente Gebäudedämmung ermöglicht es, eine Wärmepumpe effektiv einzusetzen. Da der Heizwärmebedarf durch die gute Hülle und die Wärmerückgewinnung bereits deutlich reduziert ist, kann beispielsweise auch eine Wärmepumpe mit einer geringeren Leistung betrieben werden. Dies führt zu einer höheren Effizienz sowie niedrigeren Investitions- und Betriebskosten.

Darüber hinaus ermöglicht eine gut gedämmte Gebäudehülle eine einfachere und kostengünstigere Installation einer Wärmepumpe. Es sind weniger Anpassungen an den Wärmequellen und der Wärmeverteilung erforderlich. Durch eine verbesserte Gebäudedämmung und konsequentere Luftdichtheit mit niedrigeren n50-Werten und damit einhergehend höhere Oberflächentemperaturen auf der Innenseite der Gebäudehülle kann ein angenehmeres Wohnklima geschaffen und eine höhere Behaglichkeit erreicht werden. Zudem können Feuchteprobleme vermieden werden, da durch die höheren Oberflächentemperaturen das Risiko von Kondensation und Schimmelbildung reduziert wird. Eine effizientere Gebäudehülle trägt somit nicht nur zur Energieeinsparung bei, sondern auch zur Verbesserung des Wohnkomforts und zum Schutz vor Feuchteschäden.

Gebäudedämmung ist ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit, da sie über einen Lebenszyklus von mehr als 50 Jahren hinweg Energieeinsparungen ermöglicht. Die Energie, die für die Herstellung der Dämmmaterialien benötigt wird, wird durch die langfristigen Einsparungen bei Heiz- und Kühlkosten mehr als ausgeglichen. Dadurch wird insgesamt weniger Energie verbraucht und der CO2-Ausstoß reduziert. Eine effektive Gebäudedämmung trägt somit zur Verringerung des ökologischen Fußabdrucks bei und unterstützt die Bemühungen um eine nachhaltigere Zukunft.

Es ist daher dringend erforderlich, die Anforderungen an die Gebäudehülle zu überarbeiten und an die aktuellen Klimaziele anzupassen, wenn wir verhindern wollen, das heute neu errichtetet Gebäude in wenigen Jahrzehnten energetisch modernisiert werden müssen, damit sie Teil des klimaneutralen Gebäudebestands sein können. Nur mit höheren Anforderungen an die Gebäudehülle können wir einen nachhaltigen und energieeffizienten Gebäudebestand schaffen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Perspektivisch sollte für künftig folgende GEG-Novellen die örtliche Realität des konkreten Gebäudes stärker berücksichtigt werden, indem z. B. mit lokalen Klimadaten gerechnet wird (anstatt wie derzeit mit Potsdamer Klima für ganz Deutschland) und Verschattungssituationen vor Ort einfließen. Planungsprogramme wie das Passivhaus-Projektierungs-Paket oder Simulationsprogramme arbeiten so und erzielen dadurch sehr viel genauere Daten hinsichtlich dem tatsächlich zu erwartenden Heizwärme- und Energiebedarf, wodurch in der Folge optimal dimensionierte Heizungssysteme gewählt werden können.

Mannheim, 15.08.2023